Tarifwechsel in der privaten Krankenversicherung
Darmstädter Echo vom 09.02.2011
Man fühlt sich als Verbraucher der stetigen Beitragssteigerung in der privaten Krankenversicherung hilflos ausgeliefert.Teilweise steigen die Beiträge jährlich im zweistelligen Prozentbereich an. Gerade ältere Versicherte könnten an diesem Umstand schier verzweifeln, da von der Rente kaum noch etwas übrig bleibt.
Anfragen werden den Versicherten in der Regel mit dem Vorschlag einer höheren Selbstbeteiligung oder einem Tarif mit geringerem Leistungsumfangbeantwortet. Bei diesen Alternativen ist jedoch äußerste Vorsicht geboten, da diese Maßnahmen später nur noch nach einer entsprechenden Gesundheitsprüfung rückgängig gemacht werden können.
Der Wechsel zu einem anderen Anbieter ist meist auch nicht zu empfehlen. Wer sich vor 2009 für den „Prämium-Schutz“ eines Versicherers entschieden hat, kann seine Altersrückstellungen beim Wechsel zu einem anderen Anbieter nicht mitnehmen. Man würde daher sehr viel Geld verlieren. Darüber hinaus wird vorab eine Gesundheitsprüfung durchgeführt, so dass der Wechsel für viele Versicherte ohnehin nicht in Betracht kommt. Wenn der Antrag nicht ganz abgelehnt wird, kommt es oft zu Leistungsausschlüssen oder erheblichen Risikozuschlägen.
Es gibt jedoch eine andere – rechtliche – Möglichkeit, der Kostenmisere zu entgehen. Gegebenenfalls kann § 204 VVG (Versicherungsvertragsgesetz) dem Versicherten weiter helfen. Nach dieser Norm hat jeder Versicherungsnehmer einer privaten Krankenversicherung das Recht, in einen anderen Tarif seines Versicherers zu wechseln, der im Zweifel umfassendere Leistungen bietet, dabei jedoch günstiger ist. Sollte der Versicherte Vorerkrankungen haben, kann er zusätzliche Leistungen ausschließen und damit einen Risikozuschlag vermeiden. Vereinfachter ausgedrückt bedeutet das, dass man genauso gut versichert sein kann, jedoch für einen niedrigeren Beitrag.
Der Wechsel bei seinem Anbieter in einen günstigeren Tarif – inklusive des potentiellen Ausschlusses von Mehrleistungen – stellt eine wirkliche Alternative dar, um der Beitragsmisere zu entkommen. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass man viel Ausdauer an den Tag legen muss, um auf diesem Weg weiter zu kommen. Man muss damit rechnen, dass man zunächst von seinem Vertragspartner mit Tarifangeboten inklusive Risikozuschlägen hingehalten wird, wobei die angebotenen Tarife sogar teurer als der aktuelle Tarif sind.
Man sollte bei seinem Versicherer konkret nach einem schriftlichen Angebot für einen Tarifwechsel gem. § 204 VVG fragen und hierfür eine angemessene Frist setzen. Nur dann hat man die Möglichkeit, dass man bei nahezu identischen Leistungen wie früher einen wesentlich geringeren Beitrag zahlt. Es empfiehlt sich auch der Zusatz, dass bei nicht Vorhandensein eines leistungsgleichen Tarifs auch ein Angebot unter Ausschluss der Mehrleistungen unterbreitetwerden soll. Sofern sich Verschlechterungen in dem neuen Tarif ergeben, so sollte man explizit eine schriftliche Information und Erläuterung fordern mit dem Hinweis, dass ein Interesse an einer Prämiensenkung besteht und daher ernsthaft ein solcher Tarifwechsel in Erwägung gezogen wird. Die Versicherungsbranche tut sich selbstredend schwer, derartigen Anfragen zu entsprechen, da man sich vor einer Massenflucht aus den teuren Tarifen fürchtet. Mittelfristig wären in den noch günstigen Tarifen wohl auch erhebliche Beitragssteigerungen zu verzeichnen. Allerdings ist für viele Versicherte der Weg über § 204 VVG der deutlich attraktivere, als weiterhin die schnell steigenden Beiträge zu ertragen.
Um den Versicherungsschutz zu optimieren, die Beiträge zu senken oder diese bei vergleichbaren Leistungen zu stabilisieren, sollte man den Weg zu einem erfahrenen Rechtsanwalt nicht scheuen. Dieser kann entweder selbst ein Angebot für sie bei Ihrem Versicherer einholen, um mit Ihnen dann Vor- und etwaige Nachteile zu besprechen oder ein Ihnen bereits vorliegendes Angebot umfassend überprüfen.
Rechtsanwalt Carsten Jakob,Partner in der Sozietät Wellmann & Kollegen Rechtsanwälte