Rechtswidriger Eingriff in den Gewerbebetrieb durch einmalige, unverlangte Zusendung einer E-Mail
Darmstädter Echo vom 23.11.2010
Über unverlangte E-Mail-Werbung haben sich die Meisten schon einmal geärgert. Gerade für Unternehmen stellt sogenannter Spam eine unzumutbare Belästigung dar. Das Problem betrifft natürlich nicht nur große Unternehmen, sondern in besonderem Maße auch kleinere Betriebe, Selbstständige und Freiberufler. Gerade hier kann sich das Problem manchmal zu einer ernsthaften Bedrohung entwickeln.
Mehr als ärgerlich ist es beispielsweise, wenn beim täglichen Löschen der zahlreichen Spam-Mails versehentlich auch die Anfrage eines Geschäftspartners oder Kunden mitgelöscht wird, oder wenn der vom Provider für E-Mails bereitgestellte Speicherplatz mit Werbe-Mails verstopft ist, sodass wichtige Nachrichten der Kunden nicht mehr ankommen. Der BGH hat daher im vergangenen Jahr mit Urteil vom 20.05.2009, Aktenzeichen I ZR 218/07, entschieden, dass bereits die erstmalige, unverlangte Zusendung einer E-Mail mit Werbung einen rechtswidrigen Eingriff in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb darstellen kann. Dies gilt auch dann, wenn der Versender kein direkter Mitbewerber des Empfängers der E-Mail ist. Der Empfänger solcher E-Mails kann somit nach der Rechtsprechung des BGH jederzeit seine berechtigten Unterlassungsansprüche geltend machen - zunächst durch eine Abmahnung sowie ggf. auch im Rahmen eines Eilverfahrens. Die Anwaltskosten hat dann der Versender der rechtswidrigen E-Mail zu übernehmen.
Im konkreten, vom BGH entschiedenen Fall ging es um die unverlangte Zusendung eines Newsletters mit Informationen für Kapitalanleger. Das Unternehmen, welches für die E-Mails verantwortlich war, wurde vom BGH unter Androhung eines Ordnungsmittels verurteilt, die Zusendung von Werbe-E-Mails ohne vorherige Einwilligung des Adressaten zukünftig zu unterlassen. Nach Ansicht des BGH beeinträchtigt unverlangt zugesandte E-Mail-Werbung regelmäßig den Betriebsablauf eines Unternehmens. Mit dem Sichten und Aussortieren unerbetener E-Mails, aber auch mit einem etwaigen Widerspruch gegen den Erhalt solcher E-Mails, sei ein zusätzlicher Arbeitsaufwand verbunden. Ferner seien etwaige, zusätzliche Kosten für den Adressaten nicht hinnehmbar. Ein Unterlassungsanspruch besteht nach Ansicht des BGH aber ausdrücklich auch dann,wenn die Zusatzkosten oder der zusätzliche Arbeitsaufwand im Einzelfall gering ausfallen, also beispielsweise wenn es sich lediglich um vereinzelte, oder gar einmalige E-Mails handelt bzw. wenn bereits dem Betreff der E-Mail zu entnehmen ist, dass es sich um Werbung handelt. Zur Begründung führt der BGH aus, dass mit einer Vermehrung von Werbe-E-Mails zu rechnen sei, wenn nicht bereits die Übermittlung einzelner E-Mails unterbunden werden könne. Im Hinblick auf die billige, schnelle und durch Automatisierung arbeitssparende Versendungsmöglichkeit sei ohne Einschränkung der E-Mail-Werbung mit einem immer weiteren Umsichgreifen dieser Werbeart zu rechnen.
Es hat sich gezeigt, dass die Betriebe, die sich gegen Spam zur Wehr setzen, eher aus den Verteilern der Adresshändler herausgenommen werden. Bei den anderen droht der Spam immer weiter zuzunehmen. Wenn auch Sie in Ihrem Berufsalltag mit Spam konfrontiert werden, kann sich der Weg zum Rechtsanwalt daher lohnen.
Rechtsanwalt Christian Paul Kuhn, Partner der Sozietät Wellmann & Kollegen, Darmstadt