Mietrecht: Probleme beim Eintritt von Investmentgesellschaften in laufende Mietverträge
Darmstädter Echo vom 27.04.2010 – Dass Miethäuser verkauft werden und die Mieter sich mit den neuen Eigentümern arrangieren müssen, ist an und für sich nichts Neues. In den letzten Jahren hat dieser Vorgang jedoch eine neue Dimension angenommen sowohl hinsichtlich der Zahl der betroffenen Wohnanlagen als auch wegen der damit auftretenden rechtlichen Probleme.
Angetrieben von – möglicherweise unrealistischen – Gewinnerwartungen haben von Investorengeldern finanzierte Gesellschaften (mit Hauptgeschäftssitz häufig im Ausland) zehntausende Wohnungen aufgekauft, die vorher häufig im Eigentum kommunaler oder gemeinnütziger Wohnungsgesellschaften standen. Wer nun wirklich Vermieter und damit Vertragspartner des Mieters geworden ist, bleibt häufig im Dunkeln. Die Gesellschaften bestehen oft aus einem nicht mehr zu durchschauenden Dickicht zahlreicher Unter- und Tochtergesellschaften.
Im Falle einer auch auf dem Darmstädter Wohnungsmarkt äußerst präsenten britischen Gesellschaft korrespondieren oft drei, vier oder noch mehr rechtlich selbständige Gesellschaften jeweils unter fast gleichem Firmennamen mit Zusätzen, die erkennen lassen, dass Vermieteraufgaben wie Verwaltung, Betreuung, Abrechnung, Kontoführung oder Management – was immer das bedeuten mag – auf diese Tochtergesellschaften verteilt sind. Geht es um Beseitigung von Mängeln oder Mieterhöhungen, um Nebenkostenabrechnungen oder etwa um Mietrückstände, stets melden sich unterschiedliche Tochtergesellschaften, deren Niederlassungen über das ganze Bundesgebiet von Frankfurt über Bochum bis Leipzig verteilt sind.
Nachdem auch andere Gerichte die Auffassung vertraten, dieses Geflecht sei nicht durchschaubar, hat nunmehr auch das Amtsgericht Darmstadt in seinem Urteil vom 31. März 2011 (Aktenzeichen 315 C 94/09) die Klage dieser Immobiliengesellschaft auf Zahlung von Nebenkosten und angeblichen Mietrückständen abgewiesen. Die betreffende Tochtergesellschaft ist nicht klagebefugt. Das Gericht konnte nicht erkennen, dass die klagende Gesellschaft Vermieterin des seit 15 Jahren in der Wohnung lebenden Mieters geworden war. Auch sonst war die klagende Gesellschaft – eine GmbH&Co.KG – nach Auffassung des Gerichts nicht befugt, die Forderung über knapp tausend Euro geltend zu machen.
Dieses Urteil sollte Mieter in vergleichbarer Situation veranlassen, zunächst einmal zu klären, wer anstelle des früheren Vermieters wann und auf welcher Rechtsgrundlage in das Mietverhältnis eingetreten ist. Dies ist vor allem bei Kündigungen, Mieterhöhungen und Nebenkostenabrechnungen wichtig, aber auch und vor allem bei der Frage, wo sich die bei Vertragsbeginn gezahlte Kaution eigentlich befindet.
Die bei einem Wechsel des Eigentümers oder Vermieters auftretenden Rechtsfragen sind keineswegs immer einfach zu beantworten und können an dieser Stelle nur grob umrissen werden:
- Der Mietvertrag bleibt grundsätzlich unverändert bestehen. Der Erwerber tritt mit allen Rechten und Pflichten in den Mietvertrag ein. Es gilt der Grundsatz: Kauf bricht nicht Miete.
- Maßgeblich für den Zeitpunkt des Eintritts in das Mietverhältnis ist die Eintragung des Erwerbers als Eigentümer im Grundbuch.
- Bei einem Eigentümerwechsel muss der Veräußerer alle zurückliegenden Wirtschaftsjahre abrechnen. Der neue Eigentümer ist grundsätzlich ab seinem Eintritt in den Mietvertrag abrechnungspflichtig.
- Gleiches gilt auch für den Fall einer Zwangsverwaltung hinsichtlich der Rechte und Pflichten des Zwangsverwalters.
- Unter Umständen haftet der Veräußerer wie ein Bürge für etwaige Vertragswidrigkeiten des neuen Vermieters.
- Eine Kaution muss bei Beendigung des Mietverhältnisses der Erwerber des Grundstücks also der neue Vermieter grundsätzlich auch dann dem Mieter zurückzahlen, wenn sie ihm vom Veräußerer (früheren Vermieter) nicht ausgehändigt wurde.
- Soll das Mietverhältnis mit einem anderen als dem Erwerber fortgesetzt werden, ist hierzu die Zustimmung des Mieters – also ein dreiseitiger Vertrag – erforderlich. Zu beachten ist hierbei, dass zum Abschluss einer derartigen Vereinbarung bereits die vorbehaltlose Mietzahlung an den neuen Vermieter genügen kann.
Die anstehenden Fragen sollten also unverzüglich nach Bekanntwerden des Grundstücks- bzw. Wohnungsverkaufs geklärt werden.
Rechtsanwalt Ulrich Wellmann, Darmstadt